Samstag, 25. September 2010

Tut mir leid, aber du bist kein Gewinner.

Im Zug auf der Rückfahrt, hab ich mein Doppelbuch 'Gut gegen Nordwind & Alle sieben Wellen' ausgepackt, und die Zeilen unterstrichen, mit welchen ich mich verbunden fühle.
Wieso ich so viel über das Buch schwafle?
Weil es 'unsere' Geschichte ist.

Hier also, bis zu Seite 99 gefundenen Auszüge:

„Liebe Emmi, ist Ihnen schon aufgefallen, dass wir absolut nichts voneinander wissen? Wir erzeugen virtuelle Fantasiegestalten, fertigen illisionistische Phantombilder voneinander an. Wir stellen Fragen, deren Reiz darin besteht, nicht beantwortet zu werden. Ja, wir machen uns einen Sport daraus, die Neugierde des anderen zu wecken und immer weiter zu schüren, indem wir sie kategorisch nicht befriedigen. Wir versuchen, zwischen den Zeilen zu lesen, zwischen den Wörtern, bald wohl schon zwischen den Buchstaben. Wir bemühen uns krampfhaft, den anderen richtig einzuschätzen. Und gleichzeitig sind wir akribisch darauf bedacht, nur ja nichts Wesentliches von uns selbst zu verraten. Was heißt 'nichts Wesentliches'? - Gar nichts, wir haben noch nichts aus unserem Leben erzählt, nichts, was den Alltag ausmacht, was einem von uns wichtig sein könnte. Wir kommunizieren im luftleeren Raum. Wir haben artig gestanden, welcher beruflichen Tätigkeit wir nachgehen. Sie würden mir theoretisch eine schöne Homepage gestalten, ich erstelle Ihnen dafür praktisch (schlechte) Sprachpsychogramme. Das ist alles. Wir wissen aufgrund eines miesen Stadtmagazins, dass wir in der gleichen Großstadt leben. Aber sonst? Nichts. Es gibt keine anderen Menschen um uns. Wir wohnen nirgendwo. Wir haben kein Alter. Wir haben keine Gesichter. Wir unterscheiden nicht zwischen Tag und Nacht. Wir leben in keiner Zeit. Wir haben nur unsere beiden Bildschirme, jeder streng geheim für sich, und wir haben ein gemeinsames Hobby: Wir interessieren uns für eine jeweils völlig fremde Person.
Bravo!“ - Leo Leike.

„Nach fünf Jahren Gegenwart ohne Zukunft habe ich endlich in die Mitvergangenheit gefunden.“ - Leo Leike.

„Wir waren jeweils 'die große Liebe unseres Lebens', aber nie, wenn wir zusammen waren, immer nur, wenn wir uns gerade bemühten, zusammenzufinden“ - Leo Leike.

„Ich bin beinahe stolz, dass ich da so schicksalhaft hineinspiele. Ihnen ist hoffentlich klar, dass Sie mir, Ihrer 'virtuellen Fantasiegestalt', ihrem 'illisionistischen Phantombild', gerade Außergewöhnliches von sich verraten haben.“ - Emmi Rothner.

„LEO, ES IST AUS, DENN ES WAR NIE AN!“ - Emmi Rothner.

„Schreiben Sie sich Ihren gesamten Frust über Männer von der Seele. Seien Sie ungehemmt, selbstgerecht, zynisch, schadenfroh. Wenn es Ihnen nachher besser geht, hat meine Mailadresse ihren Zweck erfüllt. Wenn nicht, dann gönnen Sie sich (oder Ihrer Mutter) einfach wieder ein Like-Abonnement und bestellen Sie den 'Leike' ab.“ - Leo Leike. 

„1). Wollen Sie mich persönlich kennen lernen?
2.) Wozu?
3.) Wo soll das hinführen?
4.) Soll Ihr Mann davon wissen?“ - Leo Leike.

„Zu 1.) Ob ich Sie persönlich kennen lernen will? Natürlich will ich Sie persönlich kennen lernen. Besser persönlich, als unpersönlich, oder?
Zu 2.) Wozu? Das weiß ich erst, wenn wir uns kennen gelernt haben.
Zu 3.) Wo es hinführen soll? Dort, wo es hinführt. Würde es nicht dort hinführen, dann soll es auch nicht dort hinführen. Also führt es ohnehin dort hin, wo es hinführen soll.“ - Emmi Rothner.

„Was unsere 'innige Unbekanntschaft' aufrechthält, ist einzig der horrende Aufwand, den wir dafür betrieben haben und betreiben“ - Emmi Rothner.

„Vermutlich hatten Sie geglaubt, Sie könnten Ihre angeschlagene Exfreundin 'ins Bett trösten'. Aber knapp vorher hat sie es bemerkt und hat Ihnen ins Ohr geflüstert: „Leo, nein, das wäre jetzt nicht gut für uns. Das würde das ganze Vertrauen, das wir heute Abend neu aufgebaut haben, wieder zerstören.“ Und sie dachten: Schade, schade, um ein Haar...“ - Emmi Rothner.

„Ich bin einfach nicht irgendwer, auch nicht für Sie.“ - Emmi Rothner.

„Nein, Emmi Sie sind nicht irgendwer. Wenn irgendwer nicht irgendwer ist, dann sind es Sie. Schon gar nicht für mich. Sie sind wie eine zweite Stimme in mir, die mich durch den Alltag begleitet. Sie haben aus meinem inneren Monolog einen Dialog gemacht. Sie bereichern mein Innenleben. Sie hinterfragen, insitieren, parodieren, Sie treten in Widerstreit zu mir.“ - Leo Leike.

„Das bedeutet nicht, dass ich niemals erotische Vorstellungen habe, wenn ich an Sie denke. Aber die halte ich behutsam von Ihnen fern, die will ich Ihnen nicht zumuten. Die sind allein in mir und dort bleiben sie auch. Wir dürfen nicht beginnen, in die Privatsphäre des anderen einzudringen. Das kann zu nichts führen.“ - Leo Leike.

„Da war wieder diese zweite Stimme in mir, die mir 'meine' fehlenden Fragen stellt, die mir 'meine' ausstehenden Antworten gibt, die permanent meine Einsamkeit durchbricht und unterwandert. Ich hatte sofort den dringend Wunsch, Sie noch näher an mich heranzulassen, Sie ganz nahe bei mir zu haben. Hätten Sie noch am selben Abend Zeit gehabt, wäre das auch geschehen. Es wäre heute alles anders zwischen uns. Alles Geheimnisse wären fort, alle Rätsel gelöst.“ - Leo Leike.

„Kein Zauber mehr, keine Illusionen. Wir hätten geredet, und geredet, und geredet, bis wir uns 'ausgeredet' hätten, und dann? - Ernüchterung, was sonst. Wie meistert man die Unvermittelbarkeit der Begegnung, wenn man sie nie trainiert hat? Wie hätten wir uns angsehen? Wie würden wir einander heute schreiben? Was würden wir schreiben? Würden wir einander noch schreiben? Emmi, ich habe einfach angst, meine 'zweite Stimme' zu verlieren, die Stimme Emmi. Ich will sie behalten. Ich will behutsam mit ihr umgehen. Sie ist unentbehrlich für mich geworden.“ - Leo Leike.

„Für mich ist es eine Art 'Familienauszeit', wenn ich Ihnen schreibe und von Ihnen lese. Ja, es ist ein kleines Inselchen außerhalb meiner Alltagserlebniswelt, ein Inselchen, auf dem ich ganz gerne mit Ihnen alleine verweile, wenn es recht ist.“ - Emmi Rothner.

„Und jetzt kommen wieder Sie an die Reihe, Schreiben Sie mir, Emmi. Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist Küssen mit dem Kopf.“ - Leo Leike.
„4.) Wenn ich zu Ihnen komme, was hätten Sie sich da so vorgestellt, dass wir beide machen?“ - Emmi Rothner.

„4.) Was sich ergibt.“ - Leo Leike.

„4.) Was sich ergibt? Es ergibt sich immer das, was man will, dass sich ergibt. Also, was wollen Sie, dass sich ergibt?“ - Emmi Rothner.

„Ich weiß es wirklich nicht, Emmi. Aber ich glaube, wir wissen es sofort, wenn wir uns sehen.“ - Leo Leike.

„Die von Ihnen gestern im Rausch frei gewordene Augenbinde'. - Wir müssten uns also nicht einmal sehen. Sie öffnen mir blind die Tür. Wir fallen uns blind in die Arme. Wir haben blinden Sex. Wir verabschieden uns blind. Und morgen schreiben Sie mir wieder bigotte E-Mails übers Nichtbetrügensollen un dich schreibe Ihnen rotzig zurück wie immer. Und wenn´s in der Nacht gut war, dann machen wir es wieder, völlig herausgelöst aus unserem sonstigem Leben, völlig unabhängig von unserem Dialog. Sex in seiner höchsten Stufe absoluter Unverbindlichkeit. Es gibt nichts zu verlieren, nichts wird aufs Spiel gesetzt. Sie haben Ihre 'Nähe', ich habe mein außereheliches Abenteuer. - Zugegeben, ein aufregender Gedanke.“ - Emmi Rothner.

Um den Zusammenhang verstehen zu können, sollte man einfach beide Bücher a) gelesen haben, oder b) als Hörbuch angehört haben.
Ich war mir in etwas geschriebenem noch nie so sicher, aber:
Es wird sich lohnen.
Sicher!

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